Didlacken (Telmanowo, RUS)

Dieser kleine Teich, von dem aus der Blick in eine weite, größtenteils brachliegende Landschaft fällt, liegt im Südwesten der Stadt Insterburg (russ. Tschernjachowsk) im russischen Teil des früheren Ostpreußen. Ganz in der Nähe, an einer vorbeiführenden Landstraße, befindet sich ein verfallenes, nicht mehr genutztes Gebäude, in dem kaum jemand eine frühere Kirche erkennen würde. Um diese unscheinbare Ruine rankt sich eine interessante Geschichte, die vor langer Zeit begann.

Kirche Didlacken

Das schlichte turmlose Gebäude diente bis 1945 den Bewohnern der Ortschaft Didlacken als evangelisches Gotteshaus und wurde danach als landwirtschaftliche Lagerhalle genutzt. Die Kirche – wie auch der benachbarte Tümpel – waren über die Jahrhunderte hinweg mit dem Leben und Sterben des Gründers der Kirche verbunden:

Pierre de la Cave (1605 – 1676)

Glaubensgründe veranlassen den aus niederem Landadel stammenden französischen Protestanten Pierre de la Cave im Jahr 1623, seine Heimat im Tal der Loire zu verlassen. Nach einigen Jahren Militärdienst in Holland tritt er in die preußische Armee ein. De la Cave steigt zum Kompaniechef auf, wird Generalmajor und schließlich Festungskommandeur in Pillau am Frischen Haff.

Im Jahr 1645 werden dem Hugenotten vom Großen Kurfürsten als Anerkennung für seine Dienste Ländereien in und um Didlacken verliehen. Dort lässt der Edelmann eine erste Kirche in Fachwerkbauweise errichten und gründet ein Hospital. Nach seinem Tod am 8. Mai 1676 wird der Leichnam einbalsamiert und in einem kleinen Mausoleum in der Nähe der Kirche beigesetzt.

Epitaph Pierre de la Cave

Die Fachwerkkirche wurde im Siebenjährigen Krieg zerstört und im Jahr 1782 durch einen Neubau ersetzt, dessen Ruine heute noch zu sehen ist. Die gesamte hölzerne Innenausstattung dieser Kirche wurde nach 1945 vernichtet. Lediglich Teile eines Sandsteinepitaphs, das zu Ehren Pierre de la Caves nach dessen Tod angefertigt wurde, haben die Zeit überdauert.

Leider wurde das Kunstwerk zusammen mit den Innenwänden mit einer weißen Kalktünche überzogen. Neben ornamentalem Schmuck sind militärische Utensilien wie Gewehrläufe, ein Kanonenrohr und ein Wagenrad zu erkennen. Eine lateinische Inschrift in einer mit einem Ornamentband umsäumten Kartusche skizziert das Leben des Kirchengründers.

Inschrift

Dem Niederländer Gerrit (auch Gerard) van Honthorst (1592 – 1656), der einige Jahre als Maler am Hofe des Großen Kurfürsten wirkte, verdanken wir eine bildliche Darstellung de la Caves. In seinem Gemälde „Allegorie auf die Gründung der Stadt Oranienburg“, heute im Regionalmuseum Oberhavel, ist der Hugenotte in preußischen Diensten zwischen seinem Landesherrn und dessen Frau Louise Henriette mit einer Lanze in der rechten Hand abgebildet.

Pierre de la Cave (Gerrit van Honthorst: Ausschnitt aus dem Gemälde „Allegorie auf die Gründung der Stadt Oranienburg“; mit freundlicher Genehmigung des Regionalmuseums Oberhavel)

Die im – heute nicht mehr vorhandenen – Mausoleum aufbewahrten sterblichen Überreste Pierre de la Caves werden im Laufe der Jahrhunderte mehrfach geschändet. Während des Siebenjährigen Krieges werfen russische Soldaten die einbalsamierte Mumie in den genannten Teich. Dorfbewohner bringen sie zurück in das Mausoleum. 1807 sind es Angehörige der Truppen Napoleons, 1914 wiederum Russen, die den Leichnam dem Wasser übergeben. Treue Anhänger überführen ihn jedoch immer wieder an seinen Aufbewahrungsort. Noch in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts beantragt eine Nachfahrin eine Erdbestattung de la Caves, bevor sich seine Spur in den Wirren des letzten Krieges endgültig verliert.

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