Gut gelaunte Soldaten mit Pickelhauben, Marschgepäck und geschultertem Gewehr… Im Hintergrund zeichnet sich die Kulisse der Kirche von Milken in Masuren ab, in der sich dieses Fenster befindet. Im Jahr 1914, zu Beginn des 1. Weltkrieges, fanden in der weiteren Umgebung des Dorfes verheerende Schlachten zwischen Deutschen und Russen statt, bei denen Tausende Soldaten getötet wurden. Auch die Dorfkirche trug im Zuge der Kämpfe Schäden davon.

Die Masuren waren die Bewohner des südöstlichen Teils Ostpreußens. Ursprünglich als Einwanderer aus den benachbarten polnischen Gebieten ins Land des Deutschen Ordens gekommen, bewahrten sie ihre Sprache und ihr Brauchtum, sollen aber besonders treue preußische Untertanen gewesen sein. Bei aller Trauer angesichts der vielen Gefallenen stellte sich gerade bei ihnen auch Freude über das Zurückdrängen der russischen Armee und die „Rettung“ ihrer Heimat ein. Nur so kann man wahrscheinlich die Gestaltung des Kirchenfensters erklären.


Die Ursprünge der kleinen Kirche gehen auf das Ende des 15. Jahrhunderts zurück. In vereinfachter Form zeigt der Bau noch Elemente der Architektur der Gotik. Der eingezogene Chor ist dreiseitig geschlossen und wird von breiten Strebepfeilern gestützt. Der Turm und die Halbgiebel im Westen weisen breite Putzblenden auf. Die Stufen des Giebels sind mit kleinen übereck gestellten Fialen bekrönt. Die breiten, mit Segmentbögen abschließenden Fenster entstammen Umbauten späterer Jahre.
Wenige Jahrzehnte nach dem Bau der Kirche trat der letzte Hochmeister des Deutschen Ordens, der Hohenzoller Albrecht von Brandenburg, als begeisterter Anhänger Luthers zum evangelischen Glauben über und schuf aus dem Ordensstaat das weltliche Herzogtum Preußen. Wie ihr Landesherr wurden auch die Masuren evangelisch und ihre Kirchen, sofern sie damals schon vorhanden waren, richtete man neu ein.



Die Kirche in Milken wurde im Jahr 1688 mit einem neuen Altaraufsatz ausgestattet. Das heute noch vorhandene Renaissanceretabel zeigt in einem Medaillon das Wappen des Stifters und die Jahreszahl. In dem Gemälde darüber ist Moses mit den Gesetzestafeln abgebildet.
Der heute auf dem Boden stehende Kanzelkorb mit Abbildungen der Evangelisten war ursprünglich an der Stelle des großen Madonnenbildes im Zentrum des Altaraufsatzes angebracht. Als typisches Ausstattungsmerkmal evangelischer Kirchen verdeutlichte der Kanzelaltar die Bedeutung des Wortes neben dem am Altartisch eingenommenen Abendmahl. Nach dem Krieg wurden Kanzel und Altar getrennt. Die katholische Gemeinde, die seitdem in der Kirche ihre Messen feiert, nutzte das Zentrum des Retabels, um ihrer Marienverehrung Ausdruck zu geben.

Unter einem Bildnis Johannes‘ des Täufers findet sich im Altaraufsatz ein zweites Medaillon mit einem Bibelvers aus Matthäus 3, Vers 2, in polnischer Sprache. Eine weitere polnische Inschrift ist unter der Brüstung der Orgelempore zu lesen. In der Übersetzung steht dort: „Zur Ehre Gottes ließ Raphael Waga diesen Chor malen, im Jahr 1698.“ Die Gemälde stellen musizierende Engel dar. Beide Schriftzüge stammen aus der Entstehungszeit von Altar und Empore. Sie zeigen, dass die polnische Sprache lange Zeit in der Bevölkerung vorherrschend war und auch im Gottesdienst gesprochen wurde.
Das eingangs beschriebene Motiv eines Fensters im Chor der Kirche nimmt übrigens nur einen kleinen Ausschnitt ein. Eine Darstellung von Jesus Christus, der sich mit einem Segensgruß ins Kircheninnere wendet, dominiert im Zentrum der Glasmalerei.
