Der Begriff „Modern(e)“ scheint auf den ersten Blick im Widerspruch zu der fast 800 Jahre alten Stiftskirche St. Marien zu Börstel zu stehen, die am Tag des offenen Denkmals 2019 Ziel zahlreicher Besucher im Nordkreis Osnabrück war.
Das von der Stiftsleitung und mir zusammen entworfene Programm umfasste mit dem morgendlichen Gottesdienst und einem Abendgebet zum Abschluss auch geistliche Impulse, die von Äbtissin Rook und Kapitularin Pointke gestaltet wurden:
- 11.30 Uhr Gottesdienst in der Stiftskirche
- 12.30 Uhr Imbiss im Kreuzinnenhof
- 13.00 – 18.00 Uhr offene Kirche
- 14.00 – 14.30 Uhr Führung „Backsteingotik in Börstel“
- 16.00 – 16.30 Uhr Führung „Barocke Schnitzarbeiten“
- Ab 15.00 Uhr Kaffee und Kuchen
- 18.00 Uhr Abendgebet in der Stiftskirche
Die an und in der Stiftskirche sichtbaren „Umbrüche in Kunst und Architektur“ waren Gegenstand meiner Themenführungen am Nachmittag, die die Führungen der Äbtissin und der Konventualin ergänzten.
Als mittelalterliches Gebäude aus Backstein ist die Börsteler Stiftskirche eine Besonderheit im Osnabrücker Land. Dank des Vorkommens von Steinbrüchen in der Region konnten Baumeister hier in der Regel auf Werkstein zurückgreifen. Die Architektur des Baus weist mit den spitzbogigen Fenstern, den Maßwerkelementen und dem Kreuzrippengewölbe typische Merkmale der Gotik auf, eines im 13. Jahrhundert „neuen“ Stils. Nach einer kurzen Einführung in den Baustoff „Backstein“ wurden diese Charakteristika bei der ersten Führung durch Kirche und Kreuzgang erläutert. Ein besonderes Augenmerk konnten die Teilnehmer dabei auf den Westgiebel der Kirche richten, der mit seiner reichhaltigen Gestaltung ein besonders ausdrucksvolles Beispiel mittelalterlicher Backsteinarchitektur ist.
Einen weiteren „Umbruch“ stellt die Innenausstattung der Kirche dar, die zum größten Teil aus der Zeit des Barock stammt. Der Hochaltar und das Epitaph der Äbtissin Lucretia Margaretha von Bar – beides Schnitzarbeiten aus der in der Region beheimateten Werkstatt der Familie Jöllemann – standen im Mittelpunkt der zweiten Führung. Die beiden sakralen Kunstwerke zeichnen sich durch eine Synthese aus Skulptur und Malerei, eingefasst in einer architektonisch aufgebauten Rahmung aus. Mit ihrer Farbigkeit und üppigen Ornamentik stehen sie in deutlichem Kontrast zu der schlichten Architektur der frühgotischen Kirche, der gemäß der Bautradition der Zisterzienser jeglicher Bauschmuck fehlt.