Oiste

Wie groß muss eine Kirche sein? Diese Frage wurde bei allen Neubauprojekten Hellners in die Planungen einbezogen. Für die neue Kirche in dem kleinen Ort Oiste im heutigen Landkreis Verden fertigte der Baumeister in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts einen Entwurf an, der einen Bedarf von 224 Sitzplätzen annahm. Richtschnur bei dieser Berechnung war die Zahl der Einwohner über 14 Jahre. Oiste zählte zu dieser Zeit 337 Gemeindemitglieder. Der Backsteinbau mit Satteldach, den typischen Rundbogenfenstern und einem dachreiterähnlichen Turm im Westen wurde um das Jahr 1830 fertiggestellt.

In heutigen Zeiten wird die Größe der Kirche trotz gestiegener Einwohnerzahlen wahrscheinlich völlig ausreichen. Anders als in den großen Bauten des Architekten vermittelt der überschaubare Kirchenraum in Oiste eine fast behagliche Atmosphäre. Das liegt nicht zuletzt an der Empore im westlichen Teil des Raumes, die als Halbrund gestaltet ist. Die durchgehende Fensterfront im unteren Anteil ist durch Pilaster mit ionischen Kapitellen unterteilt. In der mittleren Achse ragt über dem Altar der Kanzelkorb aus der Brüstung hervor, der durch einen bis in Deckenhöhe reichenden Aufbau mit zwei seitlichen Pfeilern und einem darüberliegendem Gebälk umrahmt wird.

Ostempore

An der Westwand führen zwei Treppen seitlich des Eingangs zur Orgelempore. Zwei vor der Brüstung eingebaute wuchtige Pfeiler ohne Dekor dienen in erster Linie als konstruktives Element. Sie stützen die Last des darüberliegenden Turmes.

Westempore

Die Oister Dorfkirche liegt etwas versteckt hinter Sträuchern und Bäumen inmitten des alten Friedhofs, dessen Grabsteine an manch trauriges Schicksal erinnern. Drei an der Kirchenmauer aufgestellte Steintafeln aus dem 18. Jahrhundert zeigen reliefartige Darstellungen von Kindern. Zwei Mädchen mit langen Kleidern und ein Junge im Gehrock, mit Perücke und einem unter den Arm geklemmten Dreispitz sind wie kleine Erwachsene in der Sonntagskleidung der damaligen Zeit abgebildet.

Die Verstorbenen, derer hier gedacht wurde, waren offenbar Geschwister. Alle drei tragen den Nachnamen Clüvers. Die beiden Mädchen im Alter von fünf und sieben Jahren sind am selben Tag, dem 14. Januar 1778, gestorben. Vielleicht sind sie durch eine ansteckende Erkrankung oder durch ein Unglück ums Leben gekommen. Der 1768 geborene Friedrich ist schon 1770 „in Gott entschlafen“. Er hat nicht einmal seinen zweiten Geburtstag erlebt…

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