Die Kirche in Eddesse, einem Dorf im Kreis Peine zwischen Hannover und Braunschweig gelegen, liegt mir besonders am Herzen. Dort bin ich aufgewachsen, bin in der Kirche zum Kindergottesdienst gegangen und konfirmiert worden. Die Kirche ist eines der zahlreichen Bauwerke des hannoverschen Konsistorialbaumeisters Friedrich August Ludwig Hellner (1791-1862). Das Langhaus wurde nach Abriss des Vorgängerbaus an den erhaltenen mittelalterlichen Turm angefügt. Wie auch aus einer Inschrift über dem Südportal hervorgeht, wurde der Bau im Jahr 1839 eingeweiht.

Im Inneren bietet der Raum mit einer von dorischen Säulen gestützten umlaufenden Empore, einem Kanzelaltar und Palmetten-Lotus-Ornamenten das Bild einer spätklassizistischen Predigtkirche. In allen seinen Bauten legte Hellner besonderen Wert auf die künstlerische Gestaltung der Kanzelaltarwand als Ort der Predigt und des Sakraments. In Eddesse gelingt ihm das zum einen durch die Verwendung kannelierter korinthischer Säulen, die sich ausschließlich in diesem Raumteil befinden. Zum anderen betonen Bemalungen der Emporenbrüstungen und der Türöffnungen seitlich des Altars die optische Wirkung der Ostwand.

Ein Werk des Malers Hans Nowak (1922-1996), eine Darstellung der Bergpredigt, füllt nahezu vollständig die Rückwand der Kanzelempore aus. Das Gemälde aus dem Jahr 1987 unterstreicht damit thematisch die Bedeutung der Kanzelaltarwand. Mit seiner Farbigkeit setzt es einen kräftigen Akzent in dem schlichten hellen Kirchenraum, in den es sich dank seiner klaren Komposition meisterhaft einfügt.
Die Symbolik der Säulen, die Ausmalung mit stilisierten Palmblättern und die auf die Verkündigung des Wortes Gottes ausgerichtete Konzeption des Innenraumes standen im Mittelpunkt einer Führung am 22. Oktober 2017 in der Eddesser Kirche.





Die dem damaligen Zeitgeist entsprechende nüchterne, vielleicht etwas „kühl“ wirkende Atmosphäre des Kirchenraumes wird durch das Fehlen von künstlerischen Ausstattungsgegenständen unterstrichen. Schließlich sollte sich der Kirchgänger ohne Ablenkung auf das Hören der Predigt, den Gesang und das Gebet konzentrieren. Nichts wurde aus der abgerissenen früheren Kirche übernommen. Lediglich ein Teil der Grabplatte eines Pastors, die sich im Boden der Vorgängerkirche befand, wurde im Zuge des Neubaus zur Ausbesserung des Fußbodens der Turmhalle weiterverwendet.
Eine in Eddesse befindliche Pieta (die Darstellung Marias mit dem vom Kreuz abgenommenen Leichnam ihres Sohns auf dem Schoß) hatte Pastor Volger, der bis 1809 amtierte, schon viele Jahre vorher an das Kapuzinerkloster in Peine „verschenkt“. Offenbar „passte“ eine solche Skulptur nach seinem Selbstverständnis nicht in eine lutherische Kirche. Die Pieta ist heute in der katholischen Kirche „Zu den Heiligen Engeln“ in Peine zu sehen.



Am 27. Juli 2019 feierte die Kirchengemeinde Eddesse den 180. Jahrestag der Einweihung der Kirche. An diesem Tag standen die Baugeschichte und die Architektur der klassizistischen Kirche im Mittelpunkt meiner Führung. Im Sommer dieses Jahres wurde auch die Renovierung des Kirchturmes abgeschlossen. Dabei wurden unter anderem der Außenputz erneuert und der Pyramidenhelm mit einer neuen Schiefereindeckung versehen. Der wuchtige Turm beherbergt seit fünf Jahrhunderten die Glocke „Anna“, über die Sie hier Näheres erfahren können.