Im Kirchenkreis Peine, unweit von Hannover, hat der Baumeister Hellner vier Dorfkirchen konzipiert: Münstedt und Groß Solschen im Süden der Kreisstadt Peine, Abbensen und Eddesse im Norden. Trotz mancher Unterschiede in der Größe, der Innengestaltung und der Außenansicht tragen alle vier Kirchenbauten die Handschrift Hellners.




Die St. Bernward Kirche in Eddesse ist die Kirche meines Heimatdorfes. Die Geschichte des Ortes und seiner Pfarre beschäftigt mich seit langem. Eine Beschreibung der Kirche finden Sie auf der Seite „Kirchenführungen“.
Die Kirche in Abbensen ist eines der kleineren, bescheideneren Werke Hellners. Das Gebäude wurde im Jahr 1836 als turmlose „Kapelle“ errichtet. Die Pfarrkirche in Edemissen, zu dessen Kirchspiel Abbensen bis zur Einrichtung einer selbständigen Pfarrgemeinde im Jahr 1894 gehörte, liegt mehrere Kilometer entfernt. Der rechteckige Grundriss, die schlichte Fassadengestaltung mit hohen Rundbogenfenstern, eine umlaufende Empore und der Kanzelaltar sind typische Kennzeichen Hellnerscher Architektur. Der Innenraum ist schmucklos. Lediglich die Kanzelaltarwand zeigt mit einem Abendmahlsbild und einem Spruchband unter der Emporenbrüstung besondere Gestaltungsmerkmale. Der heutige Turm mit welscher Haube und Laterne wurde im Jahr 1906 angefügt.





„Gehet zu des Herrn Thoren ein mit Danken“ – die Worte des 100. Psalms über dem seitlichen Portal laden zum Besuch der Münstedter Kirche ein. Das Kirchenschiff, das in den Jahren 1838 – 39 an den romanischen Turm angefügt wurde, ist mit seinen schlichten Fassaden und den hohen Rundbogenfenstern ein typischer Hellner-Bau.
Der helle Innenraum wurde im Laufe von Renovierungsmaßnahmen mehrfach verändert, erhielt aber im Jahr 2002 wieder sein ursprüngliches Gesicht, den Plänen des Erbauers entsprechend. Dabei wurde unter anderem die ursprüngliche Kassettendecke wiederhergestellt und die vor Jahrzehnten ausgebaute Kanzel wieder über den Altar gesetzt. Die Kanzelaltarwand ist durch kannelierte Pilaster mit stilisierten korinthischen Pilastern gegliedert, dorische Säulen stützen die Orgelempore im Westen. Eine Besonderheit stellt eine Reihe von Ölgemälden dar, die den Innenraum schmücken. Neben einem Bildnis des Reformators Luther sind vier Szenen aus dem Leben Jesu (Taufe, Ölberg, Abendmahl, Kreuzigung) dargestellt.





Die Münstedter Kirche liegt idyllisch inmitten des alten Dorffriedhofes mit altem Baumbestand. Einer der alten Grabsteine erinnert an den 1938 verstorbenen Pastor Kahle, ein anderer an einen Kirchenvorstand und Rechnungsführer, der 51 Jahre seinen Dienst getan hat.
Die St. Pankratius Kirche in Groß Solschen ist eines der „Meisterwerke“ Hellners. Der Architekt soll im Laufe des Baus insgesamt 21 Dienstreisen in den Ort unternommen und sich 68 Tage dort aufgehalten haben. Die aufwendige Bauausführung wie auch die Gestaltung des Innenraums sind eindrucksvolle Beispiele für das Wirken Hellners als Baumeister das Klassizismus. Einen besonderen architektonischen Akzent bilden in Groß Solschen die Vorbauten an den Seitenwänden des 1831 eingeweihten Langhauses, die an Arme eines Querhauses erinnern. Auch die in verschiedene Stockwerke gegliederten Außenwände des Turms, der erst einige Jahre später vollendet wurde, weisen eine Vielzahl dekorativer Elemente auf.
Das Licht im Kirchenraum war für den Baumeister von entscheidender Bedeutung. Während in den kleineren Bauten Hellners die typischen länglichen Rundbogenfenster für die Helligkeit im Inneren ausreichen, wird die Lichtwirkung in der großen Kirche in Groß Solschen durch zusätzliche großflächige sogenannte „Thermenfenster“ in der Ostwand und in den seitlichen Vorbauten erzielt. Das Innere der Kirche wird durch die aufwendig gestaltete Kanzelaltarwand und die umlaufende Empore geprägt. An Säulen und Friesen tritt eine reichhaltige klassizistische Ornamentik zum Ausdruck hervor.





Neben den künstlerischen Details zeichnet auch die Vielzahl der Bankreihen und Sitzplätze die Kirchen Hellners aus. Jeder sollte „seinen“ Platz in der Kirche einnehmen können, um der – oft sehr langen Predigt – sitzend zuhören zu können. Die für den Kauf oder die Miete der „Kirchenstühle“ zu entrichtenden Gebühren waren früher eine wichtige Einnahmequelle für die Kirchengemeinde. In Groß Solschen sind aus dieser Zeit an fast allen Plätzen noch Nummerierung und Namensschilder vorhanden. Auch der Kristallleuchter im Altarraum erinnert an einen Menschen aus der Gemeinde. Mit der Inschrift „Ich habe früh verlassen diese Welt, bin nun den Engeln zugesellt“ wird, offenbar von seinen Eltern, eines Mädchens gedacht, das am 26. März 1845 im Alter von nicht einmal fünf Jahren verstorben ist.


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