Inmitten der toskanischen Hügellandschaft, etwa auf halbem Wege zwischen Florenz und Siena im Gebiet der Gemeinde Barberino Tavernelle, liegt die Abtei von Passignano. Vor über 1000 Jahren ließen sich hier Benediktinermönche nieder, um in Abgeschiedenheit ein klösterliches Leben gemäß dem Grundsatz „Ora et labora“ zu führen. Im 11. Jahrhundert schloss sich das Kloster den Vallombrosanern an, einem Zweigorden der Benediktiner, dessen Gründer Giovanni Gualberto hier beerdigt wurde.

Noch heute gelangt man nur über eine schmale, gewundene Straße zu der Abtei. Die heutige Bausubstanz wie auch die künstlerische Gestaltung der Innenräume stammen im Wesentlichen aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Die äußere Ansicht der Anlage ähnelt nach Umbauten im 19. Jahrhundert eher einer mittelalterlichen Burg.
Über eine von schmalen Zypressen gesäumte Zuwegung gelangt der Besucher in einen Hof, von dem die Klosterkirche zugänglich ist. Die schlichte Fassade wird von einer Statue des Erzengels Michael, des Patrons der Kirche, bekrönt. Das aus dem 12. Jahrhundert stammende Original dieser Marmorskulptur ist im Chorraum aufgestellt. Michael ist als Drachenbezwinger dargestellt. Der lange Speer in seiner rechten Hand endet mit einem Kreuz.



Das Eingangsportal, dessen Bogenfeld ein Fresko mit der Muttergottes umgeben von Engeln schmückt, führt in das relativ schmale, hohe Langhaus der Kirche, die auf dem Grundriss eines lateinischen Kreuzes errichtet wurde. Der Blick fällt zunächst auf einen hölzernen Lettner, der den vorderen Bereich der Laien von dem unmittelbar dahinterliegenden Chorgestühl der Mönche trennt.

Der Durchgang im Lettner wird von zwei Gemälden flankiert, die als Retabel für die davor aufgestellten Altarmensen dienen. Die Geburt Jesu und die drei Erzengel Raphael, Michael und Gabriel sind hier abgebildet. Während die Langhauswände eher zurückhaltend mit Fresken der Apostel geschmückt sind, zeichnen sich das Querschiff und die drei von ihm abgehenden Kapellen durch ihre ausgesprochen prächtige Gestaltung aus.

Eine Vielzahl von Heiligenlegenden und biblischen Szenen ist hier in Skulptur, Öl- und Freskomalerei dargestellt. Dem Erzengel Michael, Patron der Kirche, ist die mittlere der Kapellen gewidmet. Das Altargemälde, das Statuen der Apostel Petrus und Paulus flankieren, zeigt Maria umgeben von Heiligen. Die Themen weiterer Ölgemälde sind Episoden aus der Legende des Erzengels.



Zwei ihrer Ordensbrüder – beide wurden heiliggesprochen – verehrten die Patres der Vallombrosaner in der Badia di Passignano in besonderem Maße. Der Gründer der Gemeinschaft, Giovanni Gualberto, und Atto von Pistoia, der im 11. Jahrhundert Generalabt des Ordens wurde, sind im Bildprogramm der seitlichen Kapellen und des Querschiffs ausführlich gewürdigt. Verschiedene Künstler haben in ihren Arbeiten Szenen aus dem Leben der Heiligen dargestellt.



Zwei wappentragende Marmorengel bewachen den Eingang zur linken Kapelle, die dem Ordensgründer gewidmet ist. Eine lebensgroße Skulptur Giovanni Gualbertos ruht darin in halbliegender Position auf einem Sarkophag, ein Kreuz in der rechten Hand haltend. Eines der Ölgemälde zeigt, wie dem Mörder des Bruders des Ordensgründers vergeben wird.


Das Leben des Heiligen Atto, dem zusammen mit dem Heiligen Sebastian die rechte Kapelle gewidmet ist, wird in mehreren Fresken des Querschiffs illustriert. Atto wurde später Bischof von Pistoia. Eines der abgebildeten Fresken zeigt die Aufbahrung seines Leichnams in der dortigen Kathedrale, das andere ist eine Darstellung eines Treffens zwischen ihm und Papst Innozenz II.



Auch im Refektorium der Abtei schmücken Fresken mit Heiligenbildnissen die Wände. Künstlerischer Höhepunkt ist ein Gemälde des letzten Abendmahls von Domenica Ghirlandaio aus dem Jahr 1476. Die zwei Lünetten darüber, zwei Werke von Bernardo Rosselini, sind Darstellungen der Vertreibung aus dem Paradies und des Mordes von Kain an seinem Bruder Abel.

Völlige Abgeschiedenheit umfängt den Besucher im Innenhof des Klosters, in dessen Mitte sich ein Ziehbrunnen befindet. Umgeben vom Kreuzgang im Stil der italienischen Renaissance stellt dieser Bereich mit seiner Schlichtheit einen Kontrast zu den reich dekorierten Innenräumen dar. Hier in der Klausur, abgeschlossen vom Rest der Welt, konnten und können die Patres der Vallombrosaner „Dem Treiben der Welt entsagen“, wie es eine Passage der Benediktsregel besagt.

