Arnau (Rodniki, RUS)

Die Kirche in Arnau, bis 1945 evangelische Pfarrkirche, liegt wenige Kilometer östlich von Kaliningrad (Königsberg). Sie wurde Mitte des 14. Jahrhunderts vom Deutschen Orden auf einem Hügel erbaut, von dem sich dieser Blick auf das Flusstal des Pregels bietet. In einer sonst eher flachen Landschaft bot sich diese „Höhenlage“ an, um dem Himmel, um Gott näher zu sein. Im Krieg nicht zerstört, diente das Gotteshaus in sowjetischer Zeit als Getreidespeicher. Durch die Initiative und finanzielle Hilfe eines privaten deutschen Kuratoriums wurde das Gebäude seit den neunziger Jahren vor dem Verfall gesichert. Unter anderem wurden der Westturm rekonstruiert und das Dach erneuert. Im Jahr 2010 wurde die Kirche von staatlichen russischen Behörden der orthodoxen Kirche zur weiteren Nutzung übergeben.

Südseite (Aufnahme 2011)

Nicht nur mit der Auswahl des Standortes, auch mit der Ausführung des Baus wollten die Erbauer offensichtlich besondere Akzente für „ihr“ Gotteshaus setzen. Die kleine Dorfkirche zeigt sich als Musterbeispiel der Backsteingotik. Die spitzbogigen Fenster des Kirchenschiffs und des Chors sind mit profilierten Laibungen versehen. Ursprünglich vorhandene Maßwerkeinsätze sind nicht mehr vorhanden.  An den Längsseiten werden die Fenster von Blenden flankiert. Der eingezogene Chor im Osten weist einen 5/8 – Schluss auf, eine weitere architektonische Besonderheit im früheren Ostpreußen. Chor und Langhauswände sind durch abgetreppte Strebepfeiler horizontal gegliedert. Vertikale Gestaltungselemente sind Gesimse aus glasierten Formsteinen und ein schmales Putzband unterhalb der Traufe. Der Innenraum wird im Chor und im Langhaus durch unterschiedlich gestaltete Sterngewölbe geprägt, deren Rippen auf Wandkonsolen enden.

 

Der Innenraum der Kirche zeigte sich bei meinem letzten Besuch 2011 weitgehend leer und gesäubert. Anzeichen von Restaurierungsmaßnahmen gab es damals noch nicht. Im Chor war ein Ikonenbildnis aufgestellt. Die gesamte alte Ausstattung ist nach dem Krieg verlorengegangen. Früher blickte der Gottesdienstbesucher auf einen umlaufenden Fries mittelalterlicher Wandmalereien, die eine Vielzahl biblischer Szenen darstellten. Dieser „Heilszyklus“ an den Langhauswänden, eine weitere Besonderheit der Kirche in Arnau, ist bis auf einen schemenhaften Rest wohl unwiederbringlich zerstört. Eine noch während des Krieges angefertigte Fotodokumentation der Malereien (Stichwort „Arnau“)  finden Sie unter

https://www.zi.fotothek.org/VZ/ort_index/Marburg

Fresken (Aufnahme 2011)

Kirchen sind auch Erinnerungsorte. Mit dieser an die Wand gelehnten Grabplatte vom früheren Friedhof gedachten die Eltern ihres im Alter von knapp einem Jahr verstorbenen Sohnes.

Grabplatte

Das Gebäude wird in den letzten Jahren nach der Übergabe an die russisch-orthodoxe Kirche wieder als Gotteshaus genutzt. Seitdem wurden die Renovierungsmaßnahmen auch im Innenraum fortgeführt und beendet.  Bilder darüber finden Sie hier:

http://fotki.yandex.ru/users/haramu/view/758397/

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